Die Rettungsgasse ist nach wie vor das große Problem
Für viele Autofahrer sind Rettungsgassen nach wie vor ein Fremdwort. Das sagte Johannes Hemm, Leitender Polizeidirektor am Polizeipräsidium Unterfranken (Würzburg) beim Notfallmedizinischem Forum am Rhönklinikum in Bad Neustadt. Unter das Motto "Fahr langsam, es eilt!" hatte er seinen Vortrag gestellt und die Rettungskräfte aufgefordert bei ihren Einsatzfahrten immer wieder das Risiko abzuwägen. Es gehe nicht darum eine Minute früher beim Patienten zu sein, sondern überhaupt dort anzukommen. Wichtig sei es zu wissen, dass Blaulicht alleine nur ein Warnsignal ist, kommt das Martinshorn dazu, dann gelten für das BRK Sonderrechte. Dazu gehört es eben auch sich eine Rettungsgasse zu schaffen und nicht auf dem Standstreifen einer Autobahn zur Unfallstelle zu fahren. "Das ist eine Todsünde!"
Dass das Martinshorn nicht immer von Autofahrern oder gar Radfahrern gehört wird, zeigte der Referent anhand einer bildlichen Darstellung von Schallwellen auf. Was die Rettungskräfte betrifft müsste der Beifahrer denkend mitfahren. Oftmals habe der Fahrer einen sogenannten Tunnelblick. Deshalb sei es wichtig, dass der Beifahrer notfalls auch mit den Worten bremst. Gerade heute sei dies wichtig, wenn Radfahrer als "fahrbare Diskos und Telefonzellen" unterwegs sind und den Rettungswagen übersehen und überhören. Man sollte sich einmal in die Lage des Verkehrsteilnehmers versetzen, der plötzlich hinter sich den Rettungswagen sieht. Er überlege: Was will der, wie soll ich mich verhalten, wohin soll ich ausweichen. Vorausschauend fahren und Abstand halten, aber auch den Vordermann nicht nötigen. Das seien Vorgaben, die auch im Rettungsdienst gelten.
Den Rettungskräften legte der Polizeidirektor ans Herz: Wir können nur helfen, wenn wir unfallfrei ankommen!" Was vor allem die schweren Unfälle betrifft, sei es wichtig, dass im Nachhinein ein Betreuung der Mitarbeiter stattfindet. Aus dem Publikum kam der Hinweis, dass gerade deshalb das Sicherheitsfahrtraining verpflichtend sein sollte. Ob der Notarzt die Anweisung geben soll, langsamer zu fahren? Das sei durchaus möglich. Dann ging es um das Anpöbeln der Rettungskräfte oder die Behinderung bei Einsatzfahrten. Ob die Leute angezeigt werden können? Beim Anpöbeln auf jeden Fall sagte Polizeidirektor Johannes Hemm. Das sei als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu werten und diese Weisung hätten bei Unfällen oder Katastrophen auch Rettungsdienst und Feuerwehr.
Hubert Kießner, Geschäftsführer des BRK Rhön-Grabfeld ging unter dem Motto des Tages "Der ganz normale Wahnsinn" auf die zahlreichen Anforderungen des Rettungsdienstes ein. Dazu gehören seiner Meinung die immer weiter ansteigenden ehrenamtlichen Einsätze bei Faschingsumzügen oder auch den verschiedenen großen Parties. Hochqualifizierte Ehrenamtliche seien hier im Einsatz. Da müsse es erlaubt sein, einmal nach der Sinnhaftigkeit solcher Einsätze zu fragen.. "Wir kommen an unsre Grenzen und gerade deshalb müssen wir als Rettungskräfte auch auf uns selbst achten und uns Grenzen setzen."
Bad Neustadts Zweite Bürgermeisterin Rita Rösch überbrachte die Grüße der Stadt Bad Neustadt und dankte dem BRK für seine stete Einsatzbereitschaft. Dies vor allem bei der Herausforderung der Flüchtlingshilfe. Die Herausforderungen, die an die Rettungskräfte gestellt werden, wertete sie als sehr hoch. Für viele sei es ganz sicher oftmals schwierig sich immer wieder auf neue und besondere Herausforderungen in Notfallsituationen einzustellen. Das aber bringe der Beruf wohl mit sich. Als "ganz normalen Wahnsinn" bezeichnete dann Priv. Dozent Dr. Michael Dinkel die immer höher werdenden Anforderungen an die Rettungskräfte. Dazu gehöre auch das Flüchtlingsthema, das Michael Dinkel als eine Völkerwanderung bezeichnete.
Von einem nichtalltäglichen Einsatz in der Flüchtlingsunterkunft in Straubing berichteten dann J. Brath und Uwe Kippnich (Salz) unter dem Thema "Notfallmedizinische Versorgung von Flüchtlingen". Zwischen 2.000 und 5.000 Flüchtlinge seien täglich im Lager angekommen. Das Camp war eine beheizbare Zeltstadt, " eine Art Riesenzeltlager auf der grünen Wiese". Dort hatte man verschiedene medizinische Hilfsbereiche eingerichtet, aber auch die Versorgung mit Essen und eine große Spielecke. 1.300 Flüchtlinge wurden in 24 Stunden betreut. Oftmals kamen sie mitten in der Nacht, weil die Busse tagsüber im Regelverkehr im Einsatz waren. Eines der wichtigen Instrumente sei das Fieberthermometer gewesen, um Krankheiten feststelle zu können.. "Wir wollten uns keine Infektionskrankheiten ins Camp holen." Ein großes Problem war natürlich die Kommunikation. Viele Flüchtlinge kamen mit Erkältung, Husten oder auch verwundeten Füßen oder Händen an.
"Wir müssen den Leuten helfen!" das sei die Devise im Camp gewesen, sagte Uwe Kippnich vom BRK Unterfranken. Es sei ein Einsatz gewesen, der nicht absehbar war und ist. Deshalb war es wichtig Helfer aus der Umgebung mit einzubinden. Da sei Facebook hilfreich gewesen, um sogenannte ungebundene Helfer zu finden. Das sogenannte "Team Bayern" wurde etabliert, wobei der Bayerische Rundfunk mit eingebunden war. Er selbst war als Koordinator für ungebundene Kräfte auf Bundesebene zuständig. Um die Helfer entsprechend einzubinden, wurde ein Dienstplansystem entwickelt. Letztendlich sei es auch eine Werbung für das Rote Kreuz gewesen, weil nämlich der eine oder andere Helfer zum Roten Kreuz als Helfer wechselte. Die Einsätze vor Ort hätten aber auch gezeigt, dass man auch als Hilfsorganisation durchaus die modernen Medien, wie Facebook sinnvoll nutzen sollte.
Hanns Friedrich, Pressesprecher BRK Rhön-Grabfeld