Der Mißbrauch der Notärzte nimmt immer mehr zu
. "Der Mißbrauch der Notärzte nimmt immer mehr zu!" Das sagten Professor Dr. Peter Sefrin, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Notärzte (Würzburg) und Priv. Dozent Dr. Michael Dinkel (Rhönklinikum Bad Neustadt) im Rahmen eines Pressegesprächs beim 12. Notfallmedizinischem Forum. Immer öfter werde der Notarzt zu Einsätzen geholt, bei denen der normale Rettungsdienst genügt hätte. Das Anspruchdenken der Bevölkerung, was den Notarzt betrifft, wachse immer mehr. Oftmals sei es wirklich sinnlos, dass ein Notarzt raus fährt. "Es kommt auch vor, dass der Notarzt anstelle des Hausarztes gerufen wird oder Bürgerinnen und Bürger der Meinung sind, wenn der Hausarzt nicht sofort zu erreichen ist, dann müsse eben der Notarzt kommen.
Dieses Anspruchdenken wirke sich negativ auf die Notfallmedizin aus, die damit an ihre Grenzen gerät. "Kein Wunder, dass Notärzte oftmals überfordert sind oder ein Ersatz für einen wirklichen Ernstfall einspringen muss," betonte Professor Sefrin. Das unterstrich er auch als Bundesarzt des Roten Kreuzes. "Wir stoßen oft an die Grenzen unserer Möglichkeiten." Hier müsse die Politik endlich tätig werden. Hart ins Gericht ging der Vorsitzende der ARGE Bayerische Notärzte mit den Verkehrsteilnehmern. "Es kommt immer öfter vor, dass wir bei Einsätzen regelrecht behindert werden." Außerdem müssten sich Rettungsdienste und Feuerwehrleute an einem Unfallort von Umstehenden anpöbeln lassen. Diejenigen die die Rettungsfahrzeuge behindern müssten wissen, "dass wir zu einem Menschen unterwegs sind, der dringend unsere Hilfe braucht." Man sollte sich überlegen, wie das wäre, wenn ich selbst in der Situation als Hilfesuchender bin und die Rettungskräfte ausbleiben."
Zum Anspruchdenken der Bevölkerung sagte Professor Dr. Peter Sefrin, dass dies nicht nur die Mitarbeiter des Rettungsdienstes belastet, sondern letztendlich auch die Gesundheitskassen. "Wir müssen uns dann nicht wundern, dass die Krankenkassen die Beiträge erhöhen." Etwas, das so nicht hinnehmbar sei, wie die Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar betonte. So etwas sei unverständlich. Sie brachte die Bereitschaftspraxis ins Gespräch, die es zum Beispiel am Josefs Krankenhaus in Schweinfurt gibt. Das sei auch in Bad Neustadt angedacht, sagte Professor Bernd Griewing, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik am Rhönklinikum. Eventuell kommt solch eine Einrichtung noch in diesem Jahr an der Rhön-Kreisklinik, spätestens aber dann, wenn die neue Klinik am Campus fertig gestellt ist.
Den Hinweis von Sabine Dittmar, die Rettungsleitstellen sollten besser nachfragen, ließ Professor Peter Sefrin nicht gelten. "Hier sind ausgebildete Kräfte, die genau nachfragen, bevor sie den Rettungsdienst oder Notarzt alarmieren." Priv. Doz. Dr. Michael Dinkel hatte zuvor das Thema des 12. Notfallmedizinischen Forums angesprochen, das unter dem Thema "Der ganz normal Wahnsinn" stand. Das sei im Rettungsdienst oftmals die tägliche Praxis, wenn man die Einsätze oder auch die Situationen kennt, auf die Rettungskräfte und Notärzte reagieren müssen. Dazu gehöre auch die Flüchtlingswelle, die das Rote Kreuz seit August vergangenen Jahres stemmt. Wenn man dann noch mitbekommen, dass Rettungskräfte bei ihren Einsätzen von der Bevölkerung "angepöbelt" oder gar verletzt werden, dann sei das nicht mehr hinnehmbar.
Angesprochen wurde in der Pressekonferenz die hervorragende Zusammenarbeit mit den übrigen Rettungsdiensten und den Kliniken. Diese sei hervorragend. Zum 12. Notfallmedizinischem Forum sagte Privat Dozent Dr. Michael Dinkel, dass wieder mehr als 600 Teilnehmer am Rhönklinikum sind. Lobend fügte dazu Professor Dr. Peter Sefrin an, dass diese Veranstaltung für die Teilnehmer kostenfrei ist. So etwas gebe es sonst wohl nicht mehr, Auch er stellte die gute Zusammenarbeit mit dem BRK und den Kliniken heraus. Professor Dr. med. Bernd Griewing erwähnte die verschiedenen Workshops. Einer davon handle von der Patientensicherheit. Hierzu gibt es am Rhönklinikum auch einen Simulator. Was die Einsätze des BRK und der Notärzte betrifft, stoßen die Rettungskräfte mittlerweile an ihre Grenze. Professor Sefrin nahm deshalb die Politik in die Pflicht. Dies sei gerade für die Flüchtlingshilfe wichtig, denn dass das BRK hier aktiv ist, sei keine Dauerlösung. Es sei lobenswert, dass viele Freiwillige sich einbringen, aber auch das gehe nicht auf lange Zeit.
Geschäftsführer Burkhard Bingel sagte zum Notfallmedizinischen Forum, dass an diesem Tag wichtige Kontakte geknüpft werden. Die Teilnehmer würden, gerade bei der Praxisdemonstration erfahren, mit wem hier zusammen gearbeitet wird und welche Gerätschaften vorhanden sind. Das sei für den Ernstfall wichtig zu wissen. Das sah auch Uwe Kippnich, Leiter der Organisation der Praxisdemonstration vom BRK, so. Er war bei den Vorträgen zum Thema "Flüchtlingshilfen" auch als Referent gefragt. Hier zeige sich, wie die Rettungskräfte in Rhön-Grabfeld eng zusammen arbeiten. Auch Kippnich lobte die kostenfreie Teilnahme der 600 Interessierten an diesem 12. Medizinischem Notfallforum. Informiert hat Professor Dr. Bernd Griewing über das Thema "Bereitschaftspraxis am Krankenhaus". Das bedeutet, dass am Krankenhaus eine Praxis eingerichtet ist, die rund um die Uhr mit zwei niedergelassenen Ärzten besetzt ist. Sie übernehmen einen sogenannten "Sitz und Fahrdienst". Oftmals sei es in der Praxis dann so, dass ab 22 Uhr die jeweilige Klinik diese Bereitschaft übernimmt. Im April werden nun erste Gespräche mit den niedergelassenen Ärzten stattfinden. Für Patienten sei es von Vorteil, dass bei einer Bereitschaftspraxis sofort die räumliche Nähe zur Klinik da ist.
Hanns Friedrich, Pressesprecher BRK Rhön-Grabfeld